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Ein Interview für unser Magazin „Start-up Campus OWL“ mit Autorin und Mentorin für Unternehmer:innen Paula Brandt.

Wirtschaft neu gestalten heißt für Paula Brandt Verantwortung übernehmen, Haltung zeigen, langlebiges Wirtschaften, Entscheidungen treffen, die Generationen überdauern, Nachhaltigkeit über die rein ökologische Verantwortung hinaus und sinnstiftendes Arbeiten. In ihrem Buch „WHY I CARE – Wie gute Unternehmer großartig werden … und privat im Lot bleiben“ schreibt sie über den Weg zu nachhaltigem Erfolg.

Als Expertin und Mentorin für nachhaltige Unternehmensführung willst du Unternehmer:innen nach vorne bringen, die nach klaren Werten handeln und gemeinsam neue Wachstumspfade gehen. Nun hast du ein Buch über deine Arbeit geschrieben. Du sprichst von einer neuen Welt, in der eine andere Art des Unternehmertums hin zu einem größeren Nachhaltigkeitsbegriff notwendig wird. Was hat es damit auf sich?

Wenn ich heute mit Unternehmer:innen spreche, stelle ich fest: Es hat sich etwas verändert. Sie fragen mich: „Was kann ich tun, um diese Welt auch für die nächsten Generationen zu einem friedlicheren und lebenswerteren Ort zu machen? Welchen Hebel habe ich? Was braucht es?“ Sprich: Die Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme und die Situation auf unserer Welt hat für sie an Priorität gewonnen. Sie wollen einen Impact machen, also eine nachhaltige Wirkung darauf erzielen, dass sich etwas zum Besseren entwickelt.

Im Buch gebe ich ihnen das Handwerkszeug dafür. Schon der Titel zeigt, worum es geht:

Das WHY steht für dein Warum, deinen Lebenszweck, für das, wofür du brennst und was du in diese Welt bringen willst.

Das I steht dafür, wie du das WHY mit deiner speziellen Persönlichkeit und deinen Stärken am besten in diese Welt bringen kannst. Welches Umfeld brauchst du?
Wie bist du am wirksamsten?

Das CARE steht für den Beitrag, den du für andere und für die Welt leistest, und für deine konkreten Geschäftsmodelle.

Dahinter steht immer ein Arbeiten, das dich persönlich erfüllt, dir aber auch gesundes Wachstum ermöglicht. Denn Impact zu erzielen ist alles andere als Sozialromantik. Es geht um ein nachhaltiges profitables Wirtschaften.

Dein erstes Buch „Mayday aus der Chefetage – Warum Manager in Krisen scheitern“ (2015) ist als Reaktion auf Management in Machtstrukturen entstanden. Mit „WHY I CARE“ schlägst
du eine gänzlich andere Richtung ein. Anhand vieler realer Best Practice Beispiele stellst du Unternehmer:innen mit Vorbildcharakter vor. Was macht die sogenannten Impact-Unternehmer:innen aus? Was machen sie anders als jene aus deinem ersten Buch?

Der Begriff Impact-Unternehmer:innen klingt erstmal, genau wie Purpose, nach einem Buzz-Word. Wie viele inzwischen sagen: „Ich würde auch gerne etwas mit ein bisschen mehr Impact machen?“ Sie setzen sich dann manchmal für etwas ein, das sie als sinnstiftend empfinden, z. B. für die Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer. Das ist schon mal gut, aber ist nicht die Art von nachhaltigem Impact, von dem ich spreche.

Die Unternehmer:innen, die ich im Buch vorstelle, verändern etwas, weil sie ganz tief aus sich heraus von der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit überzeugt sind. Sie sagen Dinge wie: „Ich möchte so viel dafür geben, weil es für mich ein super Ding ist.“ Es geht also immer auch um deine persönliche Motivation dahinter – darum, dass du etwas tust, das dich erfüllt. Nicht alles, wo „bessere Welt“ dransteht, führt dich automatisch dahin. Impact-Unternehmer:innen sehen ihre Arbeit als Weg, ihren Lebenszweck, ihr Warum, in die Welt zu bringen. Einer hat mir sogar neulich gesagt: „Ich würde dafür sterben.“

Das klingt krass, zeigt aber eine Begeisterung dahinter, die ihnen die Kraft zum Durchhalten verleiht und dazu, etwas Großartiges zu schaffen und neue Wege zu gehen. Neulich habe ich selber gestaunt. Ich hatte einen Kunden in einer meiner Unternehmer:innen-Peergroups, der 150 Mitarbeitende hat und Marktführer ist – aber 51 Prozent des Unternehmens sind gemeinnützig und er spendet 20 Prozent (!) der Gewinne. Mehr Impact geht nicht.

Der 37-jährige Protagonist Julian durchläuft bei Sylvia (Krause) – eine fiktive Figur, hinter der du steckst –, einen Mentoring Prozess. Er ist zwar ein erfolgreicher Digitalunternehmer, aber dennoch niedergeschlagen und frustriert von seiner beruflichen und privaten Situation. Was ist Julians Problem, der sinnbildlich für so viele Unternehmer:innen steht und trotz bisheriger Erfolge und gutem Firmenwachstum unzufrieden ist?

Julian geht es wie vielen Unternehmer:innen. Sie sind irgendwann einmal mit voller Energie und Motivation in die Selbständigkeit gestartet. Damals hatten sie eine Vision vor Augen, die sie in die Welt bringen wollten. Aber je stärker ihre Firma dann gewachsen ist, je größer die Erfolge also wurden, desto weniger erfüllt haben sie sich gefühlt. Ich höre dann immer Sätze wie: „Ich fühle mich im Hamsterrad.“, „Ich hetze von einem Termin zum anderen, weil ich ständig Feuer löschen muss.“, „Ich habe nicht genug Zeit für mein Team.“ Und vor allem merken sie: Ihr großes Ziel, der Traum, für den sie angetreten sind, rückt in immer weitere Ferne.

Genau das passiert Julian im Buch und ist der Grund, warum er ins Mentoring geht. Er ist mit Mitte 30, finanziell unabhängig und sagte sich: „Das kann doch nicht alles gewesen sein.“ Jetzt will er Fußstapfen hinterlassen und etwas tun, das ihm noch mehr entspricht. Julian ist übrigens keine Fiktion. Ich hatte Unternehmer wie ihn bei mir im Mentoring. Das Gute bei ihnen ist, dass sie das Mindset haben, um etwas zum Erfolg zu führen – eigentlich fast egal was. Wenn sie jetzt entscheiden, einen Beitrag für andere und für die Welt zu leisten, kann Großes entstehen.

Du stellst die These auf, dass wirklich erfolgreiche Unternehmer:innen Balance in ihre Lebensbereiche bringen, indem sie eine Symbiose aus Business- und Privatleben schaffen. Fragen wie „Was ist mein Grundantrieb?“, „Wofür stehe ich?“ oder „Was sind meine unerschütterlichen Prinzipien, meine Intangibles?“ sollen helfen, Klarheit im Kern und eine stabile Mitte zu erlangen, um diese auf die unternehmerische Tätigkeit zu übertragen. Dafür hast du die Rad-Methodik entwickelt. Erkläre uns doch bitte, wie die Methodik funktioniert?

Du kannst dir die WHY-I-CARE-Methode wie einen Fahrradreifen vorstellen. Alles geht von der Nabe in der Mitte aus. Von ihr gehen die Speichen ab. Ganz wichtig ist, dass erst einmal die Nabe rund läuft. Sprich: Du kannst ansonsten keine Speichen drumherum einziehen, weil der gesamte Reifen ohne eine sauber laufende Nabe holprig laufen wird.

Die Nabe entspricht deinem Kern, deinem Warum, deiner Daseinsberechtigung. Jede Speiche beschreibt ein bestimmtes Thema, das du erledigt haben solltest. An erster Stelle stehst also immer du selber: Wer bist du? Was kannst nur du in diese Welt bringen? Das macht dich im Kern aus. Wenn du dir darüber klar bist, geht es um die Speichen, also um das Übersetzen auf dein Leben. Wie setzt du deinen Kern im Privaten und in deinem Unternehmen mit der größten Wirkung um? Ganz praktisch löst du dabei deine momentanen Engpässe auf: Wie kannst du dich aus dem operativen Kleinklein vom Geschäftsführungsalltag zurückziehen, um deinen Traum weiter voranzutreiben? Welches Umfeld brauchst du, um optimal zu funktionieren? Wie holst du deine Mitarbeitenden ins Boot, so dass sie ebenfalls dafür durchs Feuer gehen würden? Und welches Firmenwachstum ist für dich richtig?

Bei deinem sechs- bis neunmonatigen Mentoring geht es um ein echtes „from good to great“, also darum, als Unternehmer:in großartig zu werden. Du bezeichnest den Prozess als Langstreckenlauf. Was sind die wichtigsten Learnings, die du deinen Klient:innen vermittelst und wie läuft dieser Mentoring-Prozess ab?

Mein Standardsatz ist immer: „Als Kreis passt du in kein Quadrat“. Ein Pauschalrat hilft dir nicht weiter, wenn „du Wege gehst, die noch niemand ging“, denn du willst ja etwas Neues in die Welt bringen, für das es noch keine Blaupause gibt.

Why I care Paula Brandt

Gewohnte Verhaltensweisen bringen dich also nicht weiter, wohl aber dein spezifisches Set an Fähigkeiten, Leidenschaft und Stärken – eben dein Kern. Wenn es deshalb an die Umsetzung geht – du also dein Business und / oder dein Privatleben verändern und auf deinen Traum hinarbeiten willst – ist das wie bei einer gutformulierten Strategie und der Execution. Wenn du bei der Strategie nicht sauber gearbeitet hast, kann dir die beste Umsetzung der Welt nicht helfen. Deshalb: Dein Kern macht den Unterschied auf dem Weg zum „großartig werden“.

Das ist der Grund, warum ich immer damit starte, meist in einem Vor-Ort-Workshop mit dir, weil wir dabei nochmal besser an deine Knackpunkte herankommen. Es ist auch ein Realitätscheck für dich und ein Überprüfen deines Commitments, wie ernst du es meinst. Oft fließen dabei Tränen, weil es emotional ist, wenn dein großer Traum Realität wird. Du kommst aus diesem Workshop immer heraus mit einer realistischen Einschätzung, was du erreichen kannst, mit einer Strategie und einer Roadmap, wie du dahinkommst. Bei der Umsetzung lasse ich dich nicht alleine. Die Begleitung führen wir dann digital per Videokonferenz durch, meist über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten, je nachdem, was du dir vorgenommen hast. Die Begleitung ist besonders dann wichtig, wenn du echte Brocken auflösen willst, wie z. B. den Pro-Kopf-Umsatz je Mitarbeitendem dauerhaft zu erhöhen. Wir lassen nicht eher locker, bis du dein Ziel erreicht hast. Teilweise, wenn du eine große Vision verfolgst und dein Team mitziehen soll, führe ich auch Workshops mit deinen Teamleiter:innen und dem Gesamtteam durch. Sie committen sich im Workshop, wie sie zur Vision beitragen, und jemand aus meinem Team unterstützt sie anschließend digital dabei, im Alltag am Ball zu bleiben.

Gibt es etwas, das du unseren Gründer:innen, die am Anfang ihrer unternehmerischen Tätigkeit stehen, mit auf den Weg geben möchtest?

Es geht im Leben darum, Spuren zu hinterlassen – nicht um Durchkommen ohne aufzufallen. Das hat mir schon meine Grundschullehrerin ins Poesiealbum geschrieben: „Gehe nicht nur die glatten Straßen. Gehe Wege, die noch niemand ging. Damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.“ Ich habe erst viel später erfahren, dass der Spruch vom Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry stammt, und spannenderweise ist er mir zum Lebensmotto geworden.

Spuren kannst du aber nur hinterlassen, wenn du ganz bei dir bist. Ich bin selbst mit meiner eigenen Geschichte das beste Beispiel dafür. 2017 bin ich ausgestiegen aus internationalem Management und eigener Firma. Ich wusste: „Es muss eine andere Art des Wirtschaftens geben.“ Viele rieten damals ab: „Lass es. Das geht doch nicht. Du kannst doch nicht alles von früher wegschmeißen.“ Doch, das ging, und wie. Heute habe ich den tollsten Job der Welt. Wenn ich mit Impact-Unternehmer:innen arbeite, die für ihren Traum brennen und plötzlich sehen, wie er Realität werden kann, dann ist das großartig. Sie kriegen dann eine riesige Energie und wollen keinen Moment mehr verschwenden. Dann kommt mein Part zum Tragen, sie mit meinem Wissen von früher, aus Firmen wie Microsoft, bei der Umsetzung zu unterstützen. Wenn es dann läuft, gibt mir das eine riesige Befriedigung. Das ist mein Beitrag, die Welt ein Stück besser zu machen.

Dein Buch ist im ForwardVerlag erschienen – ein junger Verlag, der Teil der StudyHelp GmbH ist. Die Geschäftsführer Carlo Oberkönig und Daniel Weiner sind seit Gründung des Technologietransfer- und Existenzgründungs-Center der Universität Paderborn (TecUP) 2014 mit ihrer Hochschulausgründung StudyHelp Teil unseres Start-up Ökosystems. Warum hast du dich gegen einen klassischen Verlag und für den ForwardVerlag entschieden?

Heute wie damals bin ich überzeugt: Ein Buch über die neue Welt muss auch in einem Verlag der neuen Welt realisiert werden. StudyHelp ist ein echtes Start- up und der Founder Daniel Weiner ein Pionier mit einer großen Vision, nämlich einen führenden Verlag für Persönlichkeitsentwicklung zu schaffen. Er hat also eine genauso große Vision wie meine Impact-Klient:innen und mich damit überzeugt, das Wagnis einzugehen. Mein erstes Buch „Mayday aus der Chefetage“ ist bei einem traditionellen Verlag erschienen – bei Ariston im Random House-Verlag –, mit den Vorteilen von Reichweite und Bekanntheit, aber einem sehr langwierigen Erstellungsprozess. Der ForwardVerlag war der typische Underdog – und eine Top Wahl. Denn Daniel und sein Team sind mir ein echter Partner geworden. Und sie können Marketing! Wir haben eine Reichweite mit „WHY I CARE“ bekommen, die ich nicht für möglich gehalten hätte.

Vielen Dank für das Interview!

Kurzbiografie Paula Brandt

Paula Brandt war knapp 20 Jahre als Unternehmensberaterin für Großkunden im In- und Ausland, u.a. aus Dax-Unternehmen, tätig. Nach Stationen bei Pixelpark, Mummert+Partner und Accenture war sie zwischen 2007 und 2013 Managerin bei Microsoft, wo sie für das weltweite Top-Management sämtliche Großprojekte, die sogenannten „complex deals“, in Deutschland überwachte und steuerte. 2013 gründete sie eine erfolgreiche IT-Firma, die Orange Networks GmbH – eine der am schnellsten wachsenden Firmen im Microsoft-Umfeld. Als Gesellschafter-Geschäftsführerin verkaufte sie 2017 ihre Firmenanteile und arbeitet seitdem als Mentorin für Unternehmer:innen. Ihre analytische Art, bedingt durch ihr Asperger-Syndrom, hilft ihr dabei, immer den roten Faden zu sehen. Ihr erstes Buch „Mayday aus der Chefetage – Warum Manager in Krisen scheitern“, 2015 im Ariston-Verlag erschienen, ist ein Psychogramm von Menschen ganz oben in klassischen Hierarchien und zeigt schonungslos, unter welchem Druck sie stehen. Es beschreibt Strategien für Verhalten in Krisen und den Umgang mit toxischen Umgebungen. Ihr jüngstes Buch „WHY I CARE – Wie gute Unternehmer großartig werden … und privat im Lot bleiben“ ist 2021 im Paderborner Start-up Verlag ForwardVerlag erschienen und zeigt Wege hin zu einem neuen nachhaltigen Wirtschaften.

Hinweis: Das Interview wurde im September 2022 für unser Magazin „Start-up Campus OWL“ (erschienen im Dezember 2022) geführt.