Unser Team blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück



Seit 2014 setzen wir uns als Gründungszentrum der Universität Paderborn für die Sensibilisierung und die Stärkung des Themas Existenzgründung in der Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) ein und verstehen uns als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Wissenschaftliche Expertise soll in erfolgreiche Geschäftsmodelle übersetzt werden. Trotz der Coronakrise verzeichnen wir ein wachsendes und aktives Start-up-Ökosystem. Die Anzahl der Coachings und Erstgespräche mit jungen Innovator:innen konnte im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt werden.

Individuelles Coaching-Programm für junge Innovator:innen

Kreativen Köpfen wird im Freiraum der garage33 die Infrastruktur für erfolgreiche Gründungen geboten. Diese besteht nicht nur aus der Vernetzung und dem Austausch von Gründer:innen und gestandenen Unternehmer:innen sowie dem Zugang zu Wachstumskapital und Gründungsstipendien, sondern auch aus diversen Qualifizierungsangeboten und Start-up-Coachings. Ziel des Coaching-Programm ist es, jungen Ideengebenden eine strukturierte Begleitung vor und während des gesamten Gründungsprozesses anzubieten. Persönliches Feedback zur Gründungsidee sowie individuelle Beratung rund um die Themen Businessplanerstellung und Finanzierung gehören zu den Kernaktivitäten unserer Coaches im TecUP. „So ein Erstgespräch dauert in der Regel eine Stunde. Am Ende machen wir eine Art Follow-up, also wie soll es weiter gehen?! Dann vereinbaren wir meist direkt einen Folgetermin und gehen je nach Status der Idee und der Gründung weiter vor. Was will der Gründer oder die Gründerin überhaupt? Einen Förderantrag? Unterstützung? Ins Netzwerk? Dementsprechend planen wir die nächsten Schritte“, beschreibt Arthur Hartel, Leiter unseres Gründungscoaching, den typischen Ablauf beim Coaching.

Wachsende Kennzahlen

Anfang 2019 erhielt die Universität Paderborn als eine von insgesamt sechs Universitäten in Nordrhein-Westfalen den Zuschuss für den Aufbau eines Exzellenz Start-up Centers (ESC.NRW). Mit einem Projektvolumen von 20 Millionen Euro möchte die Universität Paderborn eine nachhaltige Gründungskultur etablieren und sich zu einem Leuchtturm für Gründungsvorhaben in der Industrie 4.0 entwickeln. Wir vom TecUP haben uns vor allem zum Ziel gesetzt, die Zahl der B2B-Gründungen in enger Kooperation mit der Wissenschaft und der technologieorientierten Wirtschaft in der Region OWL massiv zu steigern. Im Rahmen der ESC.NRW Förderung konnte unser Team stark vergrößert werden. Aktuell betreuen wir 54 Teams, wovon 20 Teams einen eigenen Arbeitsplatz in der garage33 haben. Im Vergleich zum Vorjahr konnte die Anzahl der Coaching-Gespräche von 501 auf 1008 Gespräche mehr als verdoppelt, im Vergleich zu 2015 mit 118 Coachings sogar mehr als verachtfacht werden. Seit 2015 werden es bis Ende dieses Jahres insgesamt über 2600 geführte Coaching-Gespräche sein. Auch die Kennzahlen zum Fördervolumen für Gründer:innen sind mit 2,1 Millionen Euro in 2020 erfreulich. Durch die Programme Gründerstipendium NRWSTART-UP-Hochschul-Ausgründungen NRWEXIST-Gründerstipendium und EXIST-Forschungstransfer beträgt das Fördervolumen seit 2016 insgesamt sogar 6,5 Millionen Euro. Seit 2015 verzeichnen wir 77 Hochschulausgründungen mit über 300 neu geschaffenen Arbeitsplätzen in der Region.
Gründer:innen sitzen um einem Tisch in der garage33
„NRW Startup Monitor 2020“: Universität Paderborn unter den Top Fünf

Anfang Dezember stellten Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Wirtschafts- und Digitalminister Nordrhein-Westfalens und Christian Miele, Präsident des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V. die Ergebnisse des NRW Startup Monitors 2020 vor. Dieser wird vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen beauftragt und vom Startup-Verband herausgegeben. Unter allen Hochschulen belegte die Universität Paderborn mit der wachsenden Anzahl der Hochschulausgründungen den vierten Platz. Auch deutschlandweit zählt die Universität Paderborn zu den 25 Hochschulen mit den meisten Ausgründungen.

Ein junges Unternehmen auf Erfolgskurs

Das Jungunternehmen partworks, eCommerce-Spezialist für Oldtimer-Ersatzteile, hat sich zum diesjährigen 5-jährigen Jubiläum über besondere Neukunden freuen können. Im Geschäftsjahr 2020 wurde das Unternehmen durch seine Reproduktionen von nicht mehr verfügbaren Ersatzteilen zum Lieferanten mehrerer großer Automobilhersteller. „Die neuen Kundenbeziehungen sind ein großes Lob für die Arbeit unseres jungen Teams“, äußerte sich Geschäftsführer Richard Kortenbruck. „Es zeigt uns, dass wir hinsichtlich Marktrelevanz und Qualitätsmanagement auf dem richtigen Weg sind.“ Das Kerngeschäft besteht jedoch weiterhin aus der Belieferung von Nischenprodukten an private Endkund:innen auf der ganzen Welt. Mit über 50% Exportanteil liefert das Unternehmen über Vertriebspartner viel in die USA, Australien sowie europäische Nachbarländer. Nur so kann das Unternehmen Nischenbauteile vermarkten, die für einen rein nationalen Vertrieb nicht wirtschaftlich wären. Über die Zusammenarbeit mit den Automobilherstellern lassen sich auch investitionsintensivere Reproduktionen realisieren. Die Konzerne schätzen die Flexibilität und das Tempo von jungen Firmen wie partworks. Den Durchbruch hat nach eigener Einschätzung aber die Modell-Expertise gebracht. „Es gibt viele gute Firmen, die technische Produkte entwickeln und produzieren könnten. Wo wir die Automobilhersteller aber unterstützen können, ist mit der Nähe zum Verbraucher und Expertise bei den älteren Fahrzeugen“, so Kortenbruck.

Ausgründung der Universität Paderborn

Was für den Gründer in 2012 als Nebentätigkeit begann, wurde in 2015 nach dem Abschluss eines Dualstudiums Maschinenbau beim Paderborner Automobilzulieferer Benteler zum Vollerwerb. Begonnen hat die Leidenschaft für Kraftfahrzeuge schon auf dem elterlichen Hof, wo die Restauration eines alten Porsche 944 die Leidenschaft für die Zuffenhausener Sportwagen weckte. Von Anfang an mit dabei war Richards Schwester Marie Kortenbruck, ebenfalls der Universität Paderborn zugehörig und Studentin der Sportwissenschaften. Heute ist Marie neben ihrem Studium Gesamtverantwortliche für die Bereiche Finanzen, Personalmanagement und Einkauf. Durch die handwerklichen Arbeitsbereiche und die hohe vertikale Integration, kann das Unternehmen studentische Praktikumsplätze mit viel Abwechslung anbieten. Zudem ist die partworks GmbH seit Anfang 2020 auch IHK-Ausbildungsbetrieb für den Berufszweig eCommerce-Kaufmann. Die Nähe zur Universität ist ein großer Vorteil. Im technischen Bereich bietet das Unternehmen beispielsweise wissenschaftliche Abschlussarbeiten unter Betreuung der Universität Paderborn an. Auch der Austausch mit Prof. Dr. Rüdiger Kabst sowie Prof. Dr. Sebastian Vogt von unserem Gründungszentrum, dem TecUP, sind für das Team sehr hilfreich. Marie und Richard schätzen die garage33 besonders als Plattform zum Austausch mit eifrigen, innovativen Unternehmensgründer:innen.

Marie und Richard Kortenbruck

Unternehmensziele

Seit den Anfängen von partworks „aus dem WG-Zimmer“ ist die Belegschaft auf nunmehr 14 Kolleginnen und Kollegen angewachsen. Streng nach der Unternehmensmission „We help people to keep their bestie running.“ arbeiten die meisten Kolleg:innen in den Geschäftsbereichen Service/Vertrieb sowie IT und Produktmanagement. Mit nun über 4800 Lagerstellplätzen hat das Unternehmen seinen Flächenbedarf im Krisenjahr 2020 verdoppelt und investiert aktuell rund 1 Million Euro Eigen- und Fremdkapital in die Portfolioerweiterung. Mittelfristig sucht das Unternehmen einen größeren Standort im Raum OWL um seine Marktrelevanz im Oldtimer-Ersatzteilgeschäft auszubauen. Neben Lagererweiterung ist insbesondere eine Intensivierung von Entwicklung und Konstruktion geplant. Langfristig plant das Unternehmen die Erschließung weiterer Ersatzteil-Nischen wie der historischen Luftfahrt und Landtechnik.

Das Team „Excellence Coatings“ wird von Expertenjury für eine Förderung im Programm EXIST-Forschungstransfer empfohlen

Mit ihrer Existenzgründungsidee einer langanhaltenden wasser- und schmutzabweisenden Oberflächenbeschichtung ist es dem Team um David Wedegärtner, Deniz Dogan und Sven Wauschkuhn gelungen, sich für eine Förderung im Programm EXIST-Forschungstransfer des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) zu empfehlen. Der Förderumfang während der zweijährigen Projektphase umfasst 800.000 Euro. Das Programm fördert herausragende forschungsbasierte Gründungsvorhaben, die mit risikoreichen und aufwändigen Entwicklungsarbeiten verbunden sind. Hierbei soll die Entwicklung bisheriger Forschungsarbeiten vorangetrieben, Prototypen hergestellt und getestet, der Businessplan ausgearbeitet und schließlich das Unternehmen gegründet werden. Es ist das zweite Mal, dass ein Team der Universität Paderborn die Jury des renommierten Programms EXIST-Forschungstransfer überzeugen konnte und dies stellt die bisher höchste Fördersumme dar. Unterstützung bekamen sie dabei von uns, dem TecUP.

Innovative wasser- und schmutzabweisende Oberflächenbeschichtung

Begonnen hat alles im Wintersemester 2009/2010 während ihres Chemiestudiums an der Universität Paderborn. Hier lernten sich David und Deniz kennen und freundeten sich schnell an. Den Bachelor absolvierten die beiden im Studiengang „Chemie und Technologie der Beschichtungsstoffe“ (CTB), im Master spezialisierten sie sich auf Kunststofftechnik im Studiengang „Polymere Materialien und Prozesse“ (PMP), der Chemie und Maschinenbau kombiniert. Seit Anfang 2016 promovieren David und Deniz auf dem Gebiet der technischen Chemie im Arbeitskreis von Prof. Wolfgang Bremser am Lehrstuhl für „Coatings, Materials & Polymers“ (CMP) der Universität Paderborn. Die Spezialisierung auf Beschichtungssysteme ist deutschlandweit einzigartig und der Arbeitskreis CMP aufgrund der hervorragenden fachlichen Infrastruktur renommiert. David promoviert in der im Arbeitskreis integrierten Nachwuchsforschungsgruppe „Biobased & Bioinspired Materials“ von Prof. Oliver Strube an einer strukturierten Beschichtung mit Hilfe von Enzymen. Prof. Wolfgang Bremser war der Ideengeber für Deniz Forschung, die im Bereich des „Antifouling“ liegt. Durch Antifoulings soll dem Ansiedeln von Mikroorganismen, Pflanzen oder Tieren am Rumpf von Schiffen entgegengewirkt werden. Der „Biofouling-Prozess“ an Schiffsrümpfen soll mit einer giftfreien, geeigneten Beschichtung mit einem mikrophasenseparierenden System verhindert werden. Ein Patent wurde bereits angemeldet. Hieraus entstand schließlich die Idee zur Entwicklung ihres Produktes. Ihre Forschungsergebnisse tragen die beiden seit nunmehr fünf Jahren zusammen.

Mit dem Programm START-UP-Hochschul-Ausgründungen.NRW konnten sie sich bereits eine Landesförderung in Höhe von 240.000 Euro sichern. Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert. Im Dezember läuft diese anderthalbjährige Förderung aus. Unter dem Projekttitel „Microdomes“ entwickelten David und Deniz bereits eine innovative Oberflächenbeschichtung. In einem Langzeittest wurde diese validiert. Der „Proof of Principle“, also die Durchführbarkeit des Vorhabens, konnte schon bewiesen werden.

Die nun anschließende Förderung im Programm EXIST-Forschungstransfer soll unter dem Projekttitel „Nanodots Waterline“ laufen. Der Projektstart ist für März 2021 geplant. Dann hat das Team 24 Monate Zeit, um die technische Realisierbarkeit hoch zu skalieren und in die bestehenden Beschichtungsprozesse zu integrieren. Momentan können nur bis zu 15 Liter des Lacks in einem Arbeitsgang hergestellt werden. Das soll sich zukünftig ändern: „Was im kleinen Labormaßstab funktioniert, gelingt nicht auf einmal in einem riesigen Reaktor“, beschreibt David die Herausforderung in der Herstellung großtechnischer Mengen.

Der Kern der Innovation ist die wasser- und schmutzabweisende Wirkung der Beschichtung bei gleichzeitig hoher mechanischer Beständigkeit. Die Chemiker entwickeln eine Hybridbeschichtung, indem sie zwei Beschichtungsklassen kombinieren, die nur schwer zu kombinieren sind. „Als ich anfing, an dem Thema zu forschen, war der allgemeine Konsens, dass es nicht funktionieren wird“, so Deniz. Das Besondere an ihrer Entwicklung ist die Mikrostrukturierung des Silikons im Lack, das die funktionale Komponente bildet. Den Lack bezeichnen sie als High-Tech-Produkt. Die Laborarbeit erfordert große Sorgfalt und exakte Dokumentation. Funktionale Beschichtungen im Bereich von „Easy-to-clean“ und „Antifouling“ haben bislang den Nachteil, mechanisch unbeständig zu sein. Zudem sind sie nicht nur schwierig aufzubringen, sondern auch sehr teuer. Daher entwickelt das Team ein Lacksystem, das genauso aufgetragen werden kann wie herkömmliche Lacke und das vom Kosten- und Nutzenverhältnis akzeptabel ist. Der wasserbasierte Klarlack härtet je nach Anwendungsfeld sowohl bei Umgebungstemperaturen als auch bei hohen Temperaturen in Einbrennsystemen aus. „Das Produkt kann viel und hat in vielen Märkten Potential“, beschreibt David die Entwicklung und erklärt weiter „Wir sind im Bereich der funktionalen Beschichtung. Sobald es um funktionale Beschichtungen geht, geht man immer einen Kompromiss ein. Unsere Entwicklung bietet aber den Grundschutz plus weitere Funktionen.“ In dem durch das TecUP initiierten Workshop „Where to play“ Anfang dieses Jahres bestätigte sich die Annahme, dass das Potential für den innovativen Lack in vielen Märkten zu finden ist, wie beispielsweise im Straßenbau, im Wasserbau sowie im Bereich der Haustüren- und Fassadenversiegelungen. Im Automotive-Bereich Fuß zu fassen ist das langfristige Ziel des Teams.

Gründerteam will Geschäftsfeld erweitern

Ende September gründete das Team die „Excellence Coatings GbR“, die Mitte nächsten Jahres in eine GmbH überführt werden soll. Im Juni erweiterten die beiden Chemiker ihr Team um Sven Wauschkuhn, der aktuell seinen Master in Betriebswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf abschließt. Über Tim Hosch, Gründungscoach unseres TecUP Teams, fanden die drei zusammen. „Viele Start-ups kommen aus den Naturwissenschaften oder technischen Bereichen und sind auf der Suche nach BWLern. Mit diesem Wissen und dem Wunsch, in die Selbständigkeit zu gehen wandte ich mich ans TecUP“, erklärt Sven. Er komplementiert das Gründerteam und wird die betriebswirtschaftlichen Projektaufgaben übernehmen. Weitere Unterstützung erhält das Team durch die Einstellung einer technischen Mitarbeiterin.

Bereits jetzt arbeiten sie mit einem Pilotkunden aus der Wirtschaft zusammen, dem Hersteller für Premiumhaustüren OBUK aus Oelde, den sie beliefern. Die zweijährige Förderung soll tiefergehende Entwicklungsarbeiten an dem Produkt ermöglichen, um das Geschäftsfeld zu erweitern und neue Kunden zu akquirieren. Je nach Anwendungsgebiet muss dafür der Lack optimiert, angepasst und in eine marktreife Produktlinie für unterschiedlichste Kunden überführt werden. „Es gibt bereits jetzt sehr starke Interessensbekundungen aus verschiedenen Bereichen der Wirtschaft, die an einer Zusammenarbeit interessiert sind und uns ihre Unterstützung im Projekt und beim Scale-up zusicherten“, so die Teammitglieder. Ein Pilotprojekt mit einem strategischen Partner aus dem Automotive-Bereich, der PPG Hemmelrath Lackfabrik GmbH, ist bereits in Planung. Dabei soll validiert werden, ob das Produkt den erhofften Mehrwert für den Kunden generiert. Zudem müssen diverse DIN-konforme Test zur Qualitätssicherung durchgeführt werden. Nach Ablauf der Förderung soll das Start-up der drei Gründer weiterwachsen, um wettbewerbsfähig zu sein und das innovative Lacksystem auch Großkunden anbieten zu können. Venture Capital ist hierbei ein interessantes Finanzierungsmodell. Bis zum offiziellen Projektstart im März möchten David und Deniz ihre Promotionen und Sven seine Masterarbeit beenden.

Unterstützung bei der Antragsstellung für die Förderung im Programm EXIST-Forschungstransfer erhielten die Wissenschaftler durch unsere Coaches. Bereits während ihres Chemiestudiums entstand der Wunsch, ihre Forschungsergebnisse in die Praxis zu überführen. „Probleme so zu lösen, wie wir das wollen, das Unmögliche möglich machen und sein eigener Chef sein“, beschreibt Deniz die Entscheidung, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen. Im April 2019 bezogen die beiden Chemiker ihr Büro in der garage33, dem Gründungsinkubator des TecUP. Hier werden Gründerinnen und Gründer unterstützt, ihre innovativen Ideen vom Prototyp bis hin zur Marktreife zu entwickeln. Mit unseren Gründungs-Experten feilten sie an ihrer Projektidee und deren wirtschaftlicher Realisierbarkeit, erstellten mithilfe des Coaching-Programms einen Businessplan, um dann ihr Start-up auszugründen. „Die Coaches haben uns wirklich geholfen und geformt. Besonders zu nennen ist hier Arthur Hartel. Er stand uns immer zur Seite“, resümiert Deniz die bisherige Zeit in der garage33. Offenes Feedback, unkomplizierte und schnelle Hilfestellungen sowie der Austausch und die Gemeinschaft machten diesen Ort so besonders. Auch perspektivisch sehen sie ihren Platz im Gründungscenter der Universität Paderborn. „Wir hoffen, dass wir in dem geplanten MakerSpace im neuen Gebäude Start-up-Campus.OWL mittelfristig mit unseren Laborgeräten unterkommen“, so David.

Das innovative Geschäftsmodell bietet großes Wachstumspotential und könnte schon bald die Lackindustrie revolutionieren. 

Stillsitzen können die drei Gründer auch in ihrer Freizeit nicht. Sven spielt seit seiner Kindheit Tennis und ist zudem ehrenamtlich aktiv. Deniz praktiziert seit sieben Jahren die chinesische Kampfkunst Wing Tsun, die ihn auch charakterlich sehr geprägt hat. „Der Kampfsport ist ehrlich. Nur wenn du trainierst wirst du auch gut. Hier habe ich gelernt, dass nichts unmöglich ist.“

Jahrelange Erfahrung in der Selbstständigkeit bringt David mit, der als Zauberkünstler in der Region bekannt ist. „Egal ob Chemie oder Zauberei: beides verstehen die Leute erstmal nicht“, sagt er und lacht. Aufgrund der pandemischen Lage ist es momentan still um die die Zauberei. Genug zu tun hat das Team in den nächsten Jahren aber allemal.

Das Team von Excellence Coatings in der Arena der garage33
Chinkilla und JackBock erhalten das Gründerstipendium.NRW

Im Rahmen des Gründerstipendium.NRW fand vergangene Woche die jüngste Jurysitzung statt. Dieses Mal setzte sich die Jury aus Prof. Dr. Rüdiger Kabst, wissenschaftlicher Leiter des TecUP, Prof. Dr. Sebastian Vogt, Geschäftsführer des TecUP, Dr. Isabelle Milz, Leiterin Transferscouting, Arthur Hartel, Tim Hosch und Kian Malucha, Gründungscoaches des TecUP sowie Stefan Bölte, Investmentmanager des Technologiefonds OWL zusammen. Chinkilla und JackBock konnten sich das begehrte Gründerstipendium mit einer Laufzeit von einem Jahr in Höhe von 12.000 € pro Person sichern. 

Dani und Sarah von Chinkilla in sportswear auf dem Sportplatz

Mit den Gründerinnen Sarah und Dani von Chinkilla zieht nun geballte Frauenpower in die garage33. Chinkilla kombinieren mit ihrer Geschäftsidee Bootcamps und Kampfsport-Events sowie eine eigene Modelinie für Kampsport- und Lifestylebekleidung. Beide haben langjährige Kampfsport- und Fitnesserfahrung, die sie gekonnt in ihr Start-up einbringen. Ihr Kundinnenversprechen ist eindeutig. „Kleidung mit einer Message. Kleidung mit Attitüde. Kleidung für Frauen, ohne Schnickschnack.“ Im Januar dieses Jahres haben sie gegründet und auch ihr Onlineshop wurde bereits gelauncht. Die Ziele für das kommende Jahr haben die zwei Gründerinnen schon abgesteckt: Der Ausbau der eigenen Modelinie sowie das Auspfeilen des Geschäftsmodells durch intensives Coaching in der garage33 stehen ganz vorne an.

Stefan Asche steht vor weißer Wand

Ein völlig anderes, aber ebenso vielversprechendes und innovatives Geschäftsmodell ist JackBock. Um Young- und Oldtimern einen schonenden Winterschlaf zu bescheren, hat sich der Maschinenbauabsolvent der Universität Paderborn Stefan Asche eine Lösung einfallen lassen. Durch sein duales Studium bei Benteler bringt er bereits Praxiserfahrung aus der Automobilindustrie mit. Vom Einzug in die garage33 verspricht er sich, bei seiner Gründung von der Expertise des Netzwerks profitieren zu können.

Ein Zugewinn für die garage33 sind definitiv beide Teams! Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und blicken gespannt nach vorne. Sicherlich werden wir zukünftig noch einiges von den hochmotivierten Gründer:innen erfahren und gemeinsam Erfolge feiern!

Investmentmanager Stefan Bölte erzählt vom Technologiefonds OWL

Stefan Bölte ist bereits seit 2017 Investmentmanager bei EnjoyVenture, das Fondsmanagement des Technologiefonds OWL. Zuvor hat er 12 Jahre Berufserfahrung in der Bankenwelt gesammelt: zunächst bei der Sparkasse Paderborn-Detmold, anschließend in Münster. Dort hat er Sparkassen dabei beraten, sich im Firmenkundengeschäft vertriebsstrategisch aufzustellen. Seine Berührungspunkte mit der Existenzgründung führten Stefan schließlich zurück nach Paderborn. Hier sitzt er nun als Teil des EnjoyVenture Teams im TecUP ganz nah am Gründungsgeschehen.

Stefan, wie sieht dein Arbeitsalltag aus? Was genau sind deine Aufgaben?

Meine Aufgabe hier ist zum einen die komplette Betreuung des aufgebauten Portfolios im regionalen Technologiefonds OWL – wir sind aktuell an acht Unternehmen beteiligt – zum anderen aber auch die Neuakquise. Der Dealflow, also sich neue Teams angucken, prüfen, entscheiden, ob sie interessant für uns sind und, ob wir in detailliertere Prüfungen reingehen sowie diese dann auch zu organisieren, nimmt ebenfalls einen großen Umfang ein.

Was genau ist denn eigentlich der Technologiefonds OWL? Was steckt dahinter und wie funktioniert diese Form des Beteiligungskapitals?

Der Technologiefonds OWL ist ein klassischer Frühphasen-Investor. Wir investieren in junge Unternehmer:innen, die eine spannende Idee oder Technologie haben. Klassisch ist es dann so, dass wir von der Idee überzeugt sind und durch unser Investment Mitgesellschafter werden und Anteile an dem Unternehmen bekommen. Ziel ist es, die Idee und schließlich das Unternehmen groß zu machen. In einer frühen Phase lernen wir die Teams kennen und steigen entsprechend früh ein. Gemeinsam mit dem Team gehen wir die Reisen dann für einen gewissen Zeitraum zusammen. Was mit Venture Capital aber immer einhergeht ist, dass die gemeinsame Reise befristet ist: So versuchen wir dann gemeinsam mit dem Team einen Exit zu organisieren.

Durch die Fundraising-Phase des Technologiefonds OWL sind knapp 20 Millionen Euro zusammengekommen. Die Geldgeber sind dabei ganz unterschiedlicher Herkunft: Von institutionellen Kapitalgebern, bis hin zu einem Privatinvestor stecken auch ganz unterschiedliche Motive dahinter, die Investmentmanager Stefan Bölte nun seit 2017 seine Arbeit mit dem regionalen Fonds ermöglichen.

Als Obergrenze nennt ihr ein Investment von 2 Millionen Euro. Gibt es umgekehrt auch eine Untergrenze für eine Finanzierung? Wie entscheidet ihr über die Höhe?

Es gibt formell keine Untergrenze. Die übliche Ticketgröße für das Erstinvestment liegt bei ungefähr 500.000 Euro. Das kann auch mal ein bisschen mehr oder weniger sein. „Wohl fühlen“ wir uns ab etwa 350.000 Euro, da bei weniger Investment die Kosten-Nutzen Kalkulation nicht mehr passt: Der Aufwand, den wir für 500.000, 750.000 oder eben für 350.000 Euro betreiben, ist fast exakt der gleiche. Dann schauen wir als Erstes, was das Start-up für einen Kapitalbedarf hat und wie bzw. mit welchen Investoren dieser gedeckt werden kann. Und schließlich muss man schauen, wie und ob man zusammenpasst. Bei Investmentbedarf von 100.000 Euro macht Venture Capital meist wenig Sinn. Andersrum, wenn jemand 10 Millionen Euro als Investment braucht, sind wir auch nicht unbedingt der passende Geldgeber.

Du sagtest ja bereits, dass der Technologiefonds OWL ein regionaler Fonds ist. Wie unterscheidet sich das Start-up Ökosystem in OWL von anderen Ökosystemen? Und wie bewertest du die Entwicklung der Region?

Wir erleben Ostwestfalen-Lippe seit 2017 – seit es den Fonds gibt – sehr munter und gut fortgeschritten. Klar gibt es Berlin oder München, die schon sehr weit sind, aber OWL ist da auf einem guten Weg zumindest aufzuholen. Auf nationaler Ebene ist man hier gut unterwegs, auch was die Aktivitäten des Systems angeht. Durch den Gewinn des Exzellenz Start-up Centers in OWL ist da nochmal eine andere Dynamik reingekommen. Ein Bonus in OWL ist auf jeden Fall die Vernetzung der Start-ups miteinander, aber auch mit dem Kunden vor allem im Bereich B2B. Durch die Premium Partner des TecUP kann man als Gründer:in schon sehr nah am Markt entwickeln.

Was sind in deinen Augen entscheidende Faktoren eines Start-ups mit Zukunftspotential?

Zum einen die Innovativität und Klarheit des Geschäftsmodells, zum anderen, welche Personen hinter dem Start-up stecken und, ob das Team unternehmerisch unterwegs ist. Ist das Team komplementär aufgestellt oder sind nur Softwareentwickler Teil des Start-ups? Man braucht eben immer eine Verlinkung zum Markt. Die kann man natürlich auch im Laufe der Zeit noch einstellen, das muss das Team aber wollen. Ein Sales Experte oder Business Developer kann eine ganz neue Perspektive einbringen, die auch mal unbequem sein kann. Das kann zu Konflikten im Team führen. Aber ein gutes Team will diese Konflikte, denn es geht ja am Ende darum, dass möglichst viele Kunden bereit sind, Geld für das Produkt zu bezahlen. Da muss sich ein Team hin entwickeln.

Das Investment in junge Unternehmen ist oftmals mit großen Risiken verbunden. Nach welchen Kriterien entscheidet ihr, ob ein Start-up das Eingehen dieses Risikos wert ist?

Indem wir uns über folgende Punkte Gedanken machen: Sind die Gründer:innen schon am Markt unterwegs? Falls das nicht der Fall ist, wie weit ist der Weg, um am Markt aktiv zu sein? Funktioniert das Unternehmen so, dass es auch eine marktwirtschaftliche Sichtweise bekommt oder ist es reine Technologieentwicklung? Zweiteres ist in der Regel schwieriger. Wir suchen eher Themen, die auch einen gewissen Markterfolg vermuten lassen. Entsprechend schauen wir dann nach Finanzkennzahlen und Metriken. Wichtig ist aber auch, ob es ein Vertriebsmodell gibt und wie dieses funktioniert. Das muss man alles miteinander abwägen.

Ihr habt ja auch bei uns schon investiert. Welche Start-ups, die in der garage33 großgeworden sind, konntet ihr bisher mit eurem Fonds unterstützen?

Das erste Investment, das wir als Fonds gemacht haben, war in das Unternehmen StudyHelp von TecUP. Da gab es noch nicht einmal die garage33 und TecUP war noch ganz klein mit drei Büros unterwegs. Außerdem haben wir in Unchained Robotics investiert, die auch aktuell noch hier in der Förderung sind.

Gibt es auch ein Team, bei dem du es heute bereust, dass ihr nicht investiert habt?

Ja… das sogenannte Angstportfolio. Gerne hätte ich in AMendate investiert. Da waren wir auch auf der Zielgeraden, aber dann hat sich das Managementteam entschieden den Weg ohne Investment zu gehen und direkt den Exit zu machen. Und dann gibt es noch zwei, drei andere Start-ups, in die wir gerne investiert hätten, wo es dann aber aus verschiedenen Gründen nicht geklappt hat. Natürlich gibt es aber auch jetzt gerade sehr interessante Start-ups in der garage33, die wir unter die Lupe nehmen.

Du bist meistens in deinem Büro im TecUP. Gibt es etwas, dass dir an der Gründer: innen-Mentalität in der garage33 besonders gefällt und andersherum gefragt vielleicht auch etwas, dass dir bisher fehlt?

Die Vernetzung der Gründer:innen und der Alumnis untereinander funktioniert schon ziemlich gut. Das hat aber auch noch mehr Potenzial. Auch die Vernetzung in die Region hinein ist vorbildlich. Sowas ist sehr wichtig, damit man gegenseitig von Fehlern lernt aber auch Erfolge zusammen feiert. Das ist schon ein besonderer Spirit, finde ich. Jetzt ist es gerade aber durch die Pandemie natürlich sehr schwer, die ganzen Community-Events zu machen, die es früher schon gab. Da muss man neue Angebote schaffen und vieles ausprobieren, was das TecUP ja bereits macht. Ansonsten hoffen wir natürlich, dass wir bald zur „Normalität“ zurückkehren können und der Austausch wieder persönlicher wird, dass man sich abends einfach auf ein Bier treffen und über das Geschehen in der Start-up Welt austauschen kann.

Ihr seid nicht nur Kapitalgeber für Gründer:innen. Welche Unterstützung können Start-ups noch von euch erwarten?

Dadurch, dass es EnjoyVenture seit 20 Jahren gibt, haben wir ein buntes Netzwerk von anderen Investoren, von Rechtsanwälten und Steuerberatern. Wir haben aber auch generell viel Erfahrung, was die erfolgskritischen Themen sind, um Unternehmen so relevant zu machen, dass jemand Drittes nachher bereit ist, dafür auch einen attraktiven Preis zu bezahlen. Ich glaube da können wir auf verschiedenen Ebenen mithelfen. Wir treten stark als Sparringspartner auf mit einem breiten Erfahrungsschatz, um die Teams bei der Weiterentwicklung zu unterstützen.

Das klingt nach einer vielseitigen Unterstützung. Vielen Dank, Stefan, dass du uns all unsere Fragen beantwortet hast.

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