Daniel Weiner vom Start-up StudyHelp erzählt von Höhen und Tiefen des Gründer-Daseins
Für unsere #TecUPTalks sprechen wir für gewöhnlich persönlich mit unserem Interviewpartner. Aufgrund der Lockdowns musste unser Gespräch diesmal via Zoom stattfinden. Trotz der Distanz war unsere Unterhaltung aber keinesfalls weniger spannend…
Gründer Daniel Weiner war bereits bei der Geburtsstunde des TecUP im Jahr 2014 mit dabei. Nachdem er schon ein Jahr zuvor neben dem Masterstudium gemeinsam mit seinem Kommilitonen Carlo Oberkönig das Start-up StudyHelp gründete, ging irgendwie alles ganz schnell: Mit Crashkursen für Studierende gestartet, weiteten Sie ihr Angebot schnell auch auf Abitur-Ebene aus. Heute sind sie Marktführer in ihrem Bereich.
Daniel, du bist der Gründer von StudyHelp und gehörst zu den „alten Hasen“ der TecUP Alumnis, noch bevor es überhaupt die garage33 gab. Erzähl doch erstmal was von dir und deinem Start-up: Was ist dein Background? Wie kam es zu der Idee, StudyHelp zu gründen, und was steckt eigentlich dahinter?
Ich bin Daniel Weiner, 32 Jahre, einer der Gründer und Geschäftsführer von StudyHelp. Ich habe in Paderborn Wirtschaftsingenieurwesen mit Maschinenbau studiert. Im Studium ist mir als Tutor für Mechanik aufgefallen, dass die jungen Studierenden immer wieder zu mir kamen und gefragt haben “Daniel, kannst du das nochmal erklären?”. So ist damals auch die Idee entstanden: Wir haben immer versucht, die Inhalte auf Augenhöhe zu erklären. Im Rahmen der SIGMA Veranstaltung am Lehrstuhl von Prof. Dr. Kabst haben wir dann damals auch einen Businessplan geschrieben. Und dann habe ich damals zu Carlo gesagt: “Carlo, wenn wir jetzt schon so viel Zeit und Energie in diese Ausarbeitung stecken, dann müssen wir es auch in die Tat umsetzen.” Und dann haben wir die Arbeit über StudyHelp abgegeben. Dafür haben wir nur eine 2.0 bekommen, daran erinnere ich mich noch, denn das hat mich damals sehr geärgert, da ich nie so viel Arbeit ins Studium gesteckt habe, wie in diesen Businessplan.
Was macht StudyHelp denn besonders? Es gibt ja mittlerweile unzählige Apps, die dir das Lernen erleichtern sollen. Was kann StudyHelp, was die nicht können?
Wir sind der Anbieter, der online und offline kombiniert. Das ist schon etwas Besonderes. Wir haben mittlerweile eine Hybridlösung für Abitur-Intensivkurse, ein Verlagsgeschäft und Nachhilfe. Um das mal an einem Beispiel zu erklären: Bei uns gibt es nicht nur das Buch, sondern bei uns gibt es ein Buch mit QR-Codes, die führen dann zu YouTube Videos von beispielsweise bekannten Mathe-YouTubern. Wir arbeiten mit den größten Influencern der Bildungsbranche: Mit Lehrerschmidt mit 800.000 Followern haben wir jetzt den nächsten großen YouTuber für uns gewonnen. Das unterscheidet uns von vielen anderen Wettbewerbern. Wir gehen die neuen Wege, um unsere Produkte zu vermarkten. Zudem haben wir bereits 50 Verlagsprodukte auf den Markt gebracht. Wir haben also ein sehr vielfältiges Geschäft, weil es auch einfach nicht möglich ist, mit nur einem Produkt groß zu skalieren. Wir mussten Angebote von der 5. Schulklasse bis zum Studium schaffen, um überhaupt auch nennenswerte Umsätze machen zu können.
Gegründet habt ihr bereits 2013, bevor es das TecUP gab, das im Jahr 2014 entstand. Wie seid ihr dann schließlich auf das TecUP gestoßen?
2013 waren wir noch eine GbR. Ich hatte dann gegoogelt, ob es in Paderborn Angebote für Gründer:innen gibt. Das war wahrscheinlich 2014, als das TecUP noch in den Kinderschuhen steckte. So habe ich euch dann auch gefunden. Da stand sogar was mit Büros für Gründer:innen und ich habe direkt gedacht “wie geil ist das denn?”. Ich habe dann direkt eine Mail geschrieben und mich mit unserer Idee bei Prof. Dr. Kabst vorgestellt. Die waren dort anfangs alle sehr skeptisch bezüglich der Skalierung usw., aber anscheinend habe ich einen vernünftigen Eindruck gemacht. So sind wir in den Co-Working Space eingezogen – Manufaktur hieß der glaube ich – und waren mit ActiDoo fast die Einzigen damals. Man hatte uns direkt das Gründercoaching angeboten. Das war für uns total cool, denn wir haben uns damals durch das Studium und Nebenjobs noch nicht 7 Tage die Woche um StudyHelp gekümmert. Und dann hatten wir plötzlich jeden Donnerstag unseren wöchentlichen Anlaufpunkt. Ich habe mich echt die ganze Woche auf Donnerstag gefreut: Da war dann Gründercoaching für StudyHelp. Es ging eine Stunde nur um StudyHelp, es gab einen spannenden Austausch und man hat uns hilfreiche Fragen gestellt und Hausaufgaben mitgegeben. Auch die Manufaktur war für uns ein echter Mehrwert, da wir einfach mal einen Platz hatten, einen eigenen Schlüssel und wir konnten auch Kunden einladen. Und das Netzwerk war natürlich hilfreich. Du musst dir vorstellen, dass man da eigentlich alleine an seinem Projekt arbeitet und das ganze Umfeld sagt zu dir “Was machst du da eigentlich für einen Mist?”. Man hat dann auch immer Zweifel. Aber in der Manufaktur gab es dann andere Gründer, denen es genauso ging wie dir. Das war total motivierend, zu wissen, du bist nicht verrückt, zu wissen, da sind andere und die haben die gleichen Interessen und Probleme.
Seit mehr als sieben Jahren seid ihr nun am Markt. Was hat sich seit euren ersten Schritten getan? Wie habt ihr euch weiterentwickelt?
Wir sind auf Teamseite stark gewachsen: Wir haben 10 Festangestellte, einige Werkstudent:innen und zusätzlich ca. 500 Dozent:innen und Autor:innen. Und unsere Geschäftsmodelle sind gewachsen. Aber ich glaube der größte Reifeprozess war, dass man gerade als Gründer am Anfang natürlich eher der Macher und Visionär ist. Aber man ist kein Manager. Das ist mein größtes Learning: Über die Jahre war es sehr wichtig, dass Carlo und ich als Gründer uns auch zu Managern entwickeln. Denn wenn das Team wächst, dann müssen Strukturen entstehen, Visionen müssen klar sein, Ziele, Erwartungshaltungen, Prozesse… Und ich glaube, dass wir uns als Manager weiterentwickelt haben und damit auch das Team fördern können.
Aber auch sonst hat sich viel getan: Damals haben wir noch in der Manufaktur gearbeitet, heute haben wir eigene Büros. Wir wollen ins Ausland expandieren, denn wir haben mittlerweile drei Geschäftsbereiche mit nennenswerten Umsätzen. Das Bild StudyHelp hat sich im Gegensatz zu dem Kursanbieter damals, wie uns viele noch kennen, zu einem Gesamtpaket entwickelt. Wir sind heute einer der wenigen Bildungsanbieter am Markt, der alles bieten kann – und das in hybrider Form.
Mittlerweile sitzt das Team von Daniel und Carlo in einer roten Villa nahe der LWL Klinik, wo sie zusätzlich ihr neues Projekt „Villa Start-up“ etablieren wollen – eine Villa, in der Gründer und Gründerinnen gemeinsam arbeiten und sich neben dem Business austauschen können. Sieben verschiedene Teams sitzen schon jetzt mit im Gebäude. Doch nicht nur die Villa Start-up erhält dem Team von StudyHelp ihren Start-up Spirit. Daniel ist es enorm wichtig aus Fehlern und Learnings zu profitieren. So ist er vor einigen Jahren der Entrepreneurs‘ Organisation (EO) beigetreten, durch die er vom Erfahrungsschatz der anderen Mitglieder dazulernen kann. Und auch innerhalb Paderborns und durch die garage33 steht er stets in Kontakt mit anderen Teams und trägt seinen Anteil zum Start-up Netzwerk bei. Doch dann kam Corona und der Austausch wurde immer schwieriger. Events wurden zunächst verschoben und fanden dann irgendwann digital statt. Aber nicht nur das Netzwerken wurden zunehmend erschwert: Trotz Home-Schooling und Online-Semester brachen plötzlich die Umsätze ein…
Wir haben sehr viel “vor-Ort-Geschäft”, das jetzt natürlich geschlossen werden musste. Leider gibt es auch keinen nennenswerten Zuwachs im digitalen Geschäft, wie den Webinaren. Die Leute wollen nicht ausschließlich die digitale Lösung. Sie spekulieren dann eher darauf, dass im März der “vor-Ort-Kurs” noch stattfindet und buchen sich eher in den März rein, als jetzt in digitaler Form teilzunehmen. Wir haben jetzt im Januar in unserem Abi-Geschäft tatsächlich Umsatzeinbrüche um mehr als 50%. Wir können es nur kompensieren, da uns durch die Webinare jetzt Kosten wegfallen, weil wir den Raum nicht bezahlen müssen. Zusätzlich können wir die Kurse digital effizienter gestalten. Durch diese Einsparungen kommen wir mit einem blauen Auge davon.
Glück im Unglück sozusagen…. Dann kommen wir mal wieder zu den schönen Dingen: Was war bisher euer größter Erfolg? Woran denkt ihr gern zurück?
Für mich persönlich war trotz allem 2020 auch im positiven Sinne sehr prägend: Zum einen, weil wir trotz der Pandemie den Break-even ganz gut geschafft haben. Das war für mich ein Game-Changer, weil wir vor 2 Jahren bei uns eine riesige Krise hatten. Da gab es keine schönen Erlebnisse. Und dann jetzt, wo alle von der Pandemie betroffen sind, es doch aus eigener Kraft hinzubekommen, ein profitables Jahr über die Bühne zu bringen, das war für mich wirklich schön. Da gehört auch dazu, dass unser Kursgeschäft wieder gestartet ist. Wir wollten wachsen und das haben wir geschafft. Wir haben unseren Verlag ausgebaut und die Nachhilfe ist profitabel geworden. Es war schön zu sehen, dass alle Bereiche jetzt profitieren und auch unser Team so gewachsen ist.
Aber auch in vielen anderen Bereichen konnten wir in der letzten Zeit Erfolge verbuchen: Wir verleihen immer den Bildungsaward und jetzt hatten wir Mario Götze dabei, unseren WM-Torschützen. Zudem arbeiten wir mit dem VfL Wolfsburg der 1. Bundesliga zusammen. Ich bin sehr fußballaffin, deshalb sind das für mich natürlich Highlights. Und jetzt kürzlich haben wir mit 62 Verlagen um den YouTuber Lehrerschmidt konkurriert. Und wir konnten ihn für uns gewinnen! Das hat mir echt gezeigt, wenn solche Leute tatsächlich nur mit uns arbeiten wollen und nicht mit der Konkurrenz, dann machen wir was richtig!
Wie sieht es auf der anderen Seite aus? Du hast kurz eurer Krise angesprochen: Welche Rückschläge musstet ihr einstecken?
Fehler gehören dazu. Ich glaube beim Thema Personal haben wir die größten Fehler gemacht. Wir haben ja damals u.a. vom Technologiefonds OWL ein großes Investment bekommen und dadurch und durch das große Wachstum haben wir stark eingestellt. Wir hatten aber in unserem Geschäftsmodell einen Fehler: Das Kursgeschäft kann jedes Jahr aufs Neue verloren gehen, weil es ein saisonales Geschäft ist. Das haben wir unterschätzt. Und dann ist auf einmal unser wichtigster Marketingkanal, Facebook, weggebrochen. Plötzlich war da keiner mehr aus unserer Zielgruppe. Von heute auf morgen haben wir Umsätze verloren und mussten Mitarbeiter entlassen. Das war für uns die prägendste Phase, weil wenn du immer nur Fortschritte machst und dann plötzlich eine Krise kommt, entstehen Existenzängste. Wir hatten viele schlaflose Nächte. Also dieses ganze Thema Personalführung und eine Unternehmensstruktur aufzubauen ist mein größtes Learning.
Du hast es gerade schon kurz angesprochen: Ihr wart das erste Start-up aus Paderborn, das eine gemeinsame Investition von Business Angels und dem Technologiefonds OWL erreichen konnte. Wie war das für euch?
Das war eine richtig coole Zeit, weil es auch eine Bestätigung von außen war. Wir hatten dadurch auch viel mehr Möglichkeiten: Zu der Zeit hatten wir nur das Kursgeschäft und konnten dann noch auf das Verlags- und Nachhilfegeschäft wachsen. Das ist uns dann auch gelungen.
Mit viel Geld macht man aber auch schneller mehr Fehler, weil man mehr ausprobieren kann. Für den Entwicklungsprozess hat es uns aber weitergebracht, denn jetzt haben wir drei funktionierende Geschäftsbereiche. Deshalb sehe ich es positiv: Wir haben zwar auch viel Geld „verbrannt“ aber unsere Entwicklung extrem beschleunigt, was im Markt essenziell sein kann. Denn wenn man 2-3 Jahre später kommt, ist es vielleicht schon zu spät.
Was sind eure nächsten Ziele mit StudyHelp?
Für dieses Jahr ist mein großes Ziel unser Kursgeschäft gut durch die Pandemie zu bringen. Da stehen uns jetzt noch ein paar riskante Monate bevor, vor allem wenn der Lockdown verlängert wird. Zusätzlich möchten wir unsere Marktführerschaft ausbauen und den Verlag auf 100 Produkte bekommen – also verdoppeln. Also im Grunde verbessern wir nur das, was wir schon haben: Aber dieses Jahr liegt für uns der Fokus darauf, das zu tun, was wir können – nur eben besser, schneller, geiler. Als neues Projekt wollen wir aber auch unseren Onlinebereich weiter ausbauen mit einer smarten Lösung. Der Verlags-Content soll weiter digitalisiert werden. Auf lange Sicht ist unsere große Vision dann, der Komplettanbieter zu sein – also ein Amazon für Bildung. Jetzt kommst du auf StudyHelp und findest eigentlich schon alles, was du suchst. Ich möchte aber noch einen Schritt weitergehen und Konkurrenten mit verkaufen. Das heißt, du kannst bei uns unsere eigenen Produkte kaufen, aber theoretisch auch unserer Wettbewerber. Das ist aber erst ein Ziel für in 5 oder 10 Jahren. Und ein letzter Punkt: Wir möchten mit dem Verlag gerne ins Ausland expandieren: spanischer Markt, englischer Markt. Aber unser Hauptsitz wird natürlich in Paderborn bleiben. Wir finden, zum Gründen ist Paderborn die perfekte Stadt. Man hat kurze Wege, die Uni ist hier, das Netzwerk ist top, es gibt geile Events und wir hatten auch eine gute Ausgangslage, weil wir früh dabei waren und in coole Kampagnen integriert wurden – das hätten wir in Berlin nicht bekommen.
Was würdest du als Gründer anderen Gründer:innen mit auf den Weg geben, auch all jenen, die sich vielleicht noch nicht trauen, selbst zu gründen?
Einfach mal machen. Ich glaube das ist mein Lieblingsspruch – hat jeder wahrscheinlich schon mal irgendwo gehört. Aber so ist es: einfach machen, mutig sein, sich trauen. Man weiß nie, ob es am Ende klappt oder nicht, wenn man es nicht einfach mal ausprobiert. Ich sage das meinem Team auch immer. Die wollen immer alles durchdenken. Ich sag denen dann „Ich wette mit dir, dass du nicht alles durchdacht hast, dass es irgendwas gibt, an das du nicht gedacht hast. Aber wenn du jetzt einfach an den Markt gehst, dann hast du direkt die Frage geliefert bekommen, an die du nie gedacht hast.“ Wenn man es einfach macht bekommt man sofort Kunden Feedback und dann kann man immer noch überlegen, wie man es am Ende machen will.
Vielen Dank Daniel für das spannende Gespräch. Du hast wirklich eine eindrucksvolle Geschichte hinter dir! Wir wünschen dir und deinem Team auch weiterhin alles Gute und dass ihr besser uns stärker aus der aktuellen Zeit hervorgeht.